Was Studierende wirklich wollen

Ergebnisse einer Befragung im Auftrag des u-astas

Politisches Arbeit an und für die Universität ist schön und gut, und die Wahlergebnisse bei den AStA-Wahlen zeigen Jahr für Jahr, dass die Mehrheit der WählerInnen dafür ist, dass der u-asta seine politische Arbeit fortsetzt. Statt sich darauf auszuruhen, hat der u-asta Anfang des Jahres eine Befragung in Auftrag gegeben, um mehr darüber herauszufinden, was Studierende von ihrer Studierendenvertretung erwarten und wie die Arbeit des u-asta ankommt. Laura Paskauskaite und Till Westermayer hatten dazu Ende des letzten Semesters zufällig ausgewählte Studierende - ver-teilt über die verschiedenen Teilbereiche der Universität - gebeten, einen kurzen Fragebogen aus-zufüllen. Die Ergebnisse dieser Befragung liegen jetzt vor, und einige der wichtigsten Daten sol-len im folgenden dargestellt werden.

Der Darstellung der einzelnen Ergebnisse vorweg geschickt werden sollte vielleicht eine Warnung vor zu einfachen Interpretationen. Da es die erste Umfrage dieser Art in Freiburg war, fehlt die Möglichkeit, die Ergebnisse zu vergleichen. Prozentwerte sagen für sich alleine gesehen wenig aus. Es wird deutlich, dass in einigen Punkten - insbesondere in der Öffentlichkeitsarbeit des u-asta - Verbesserungsbedarf besteht. Die Umfrageergebnisse bestätigen damit schon länger im u-asta diskutierte Vermutungen. Ob knapp 50%, die sich nicht ausreichend informiert fühlen, aller-dings ein bedrohlich hoher Wert oder bedauerlich normal sind, lässt sich ohne Vergleichsmög-lichkeit nicht sagen. Dass in vielen Feldern etwas getan werden muss, wurde erkannt. Ob dies auch etwas bringt, lässt sich erst im Vergleich mit einer neuerlichen Befragung zeigen, nicht je-doch aufgrund einer einmaligen Stichprobe.

Bei der Lektüre der Ergebnisse ist es weiterhin wichtig zu beachten, dass die gewählte Methode keine echte Repräsentativität erlaubt. Werden die Daten über Geschlecht, Semesterzahl und Stu-dienfach der 199 ausgewerteten Fragebögen - entsprechend etwa einem Prozent der Studieren-den - mit der Studierendenstatistik der Universität verglichen, so stellen sich leichte Abweichun-gen heraus. Insbesondere ist der Frauenanteil unter den Befragten etwas geringer als an der Uni-versität insgesamt. Bei den Studienfächern sind in der Befragung mehr SozialwissenschaftlerIn-nen und weniger MedizinerInnen, VWLerInnen, JuristInnen und NaturwissenschaftlerInnen rep-räsentiert als in der gesamten Studierendenschaft. Trotz dieser Abweichungen lassen sich die Er-gebnisse als tendenzielle Aussagen für die gesamte Studierendenschaft verstehen.

Öffentlichkeitsarbeit

In einem ersten Block wurde danach gefragt, wie präsent der u-asta mit seinen verschiedenen Medien bei den Studierenden ist. Es ging also um die Öffentlichkeitsarbeit der Studierendenvertretung. Der Aussage, dass der u-asta zu wenig über sich informiert, stimmten 47,2% der 180 auf diese Frage antwortenden Studierenden zu - etwa die Hälfte fühlt sich also ausreichend in-formiert, die Hälfte nicht. Wird etwas ins Detail geblickt, so haben neun von zehn Befragten an-gegeben, schon einmal ein Plakat des u-asta gesehen zu haben. Plakate sind damit weiterhin das effektivste Medium, um an der Uni möglichst viele Studierende zu erreichen. Das u-asta-info als regelmässige, vom u-asta herausgegebene Zeitschrift lesen etwa die Hälfte der Studierenden (wo-bei nicht gesagt ist, wie oft dies geschieht). Die Website des u-asta kennen nur 14% der Befragten (http://www.u-asta.de). Hier besteht also noch deutlicher Verbesserungsbedarf - also eine erste Reaktion auf diese Ergebnisse wurde die Website übersichtlicher gestaltet.

Nur ein relativ kleiner Teil der Befragten nutzte die Möglichkeit, genauer anzugeben, warum er/sie sich vom u-asta nicht ausreichend informiert fühlt. Genannt wurden ein Mangel an Infor-mationen oder Aktionen, aber auch Unzufriedenheit mit der Struktur des u-asta und - von eini-gen wenigen - ein generelles Desinteresse an der Arbeit des u-asta. Als konkrete Vorschläge, was der u-asta besser machen kann, wurden beispielsweise mehr Hilfen für Studienanfänger, witzige politische Aktionen vor der Mensa und ein insgesamtes offensiveres Auftreten gewünscht.

Ein weiteres Medium der Information stellt der direkte Kontakt dar. Exemplarisch wurde hier danach gefragt, ob schon einmal eine Vollversammlung (VV) besucht wurde. Angesichts der ver-besserungswürdigen Besuchszahlen war es erstaunlich, dass ein Viertel der Befragten hier mit "ja" antwortete. Allerdings gaben nur 18,8% an, auch an der nächsten VV teilnehmen zu wollen. Insgesamt lässt sich dieses Ergebnis so deuten, das doch relativ viele Studierende schon einmal an einer Vollversammlung teilgenommen haben, dass aber kein regelmässiger Besuch jeder VV statt-findet. Die Attraktivität der einzelnen Vollversammlungen sollte also ebenso wie die Information darüber verbessert werden.

Politische Vertretung

Vielleicht noch wichtiger als die Frage, wieweit der u-asta ausreichend informiert, ist die Frage der politischen Vertretung. Zuerst einmal fällt auf, dass nur n=157 der 199 Befragten sich in der Lage dazu sahen, diese Frage zu beantworten. Ein Fünftel sagte also nichts! Von den Antwortenden fühlten sich 41% politisch durch den u-asta vertreten, für 59% galt dies nicht. Als Gründe dafür wurde einerseits vor allem genannt, dass zu wenig Information über den u-asta vorliegt (auch die große Zahl der Antwortverweigerungen deutet darauf hin), andererseits wurde - sowohl von links wie von rechts - die politische Richtung des u-asta kritisiert. Weitere Antworten - von einem kleinen Teil genannt - bezogen sich darauf, dass sich die Befragten nur teilweise ver-treten fühlten und dass kein Interesse an einer politischen Vertretung bzw. ein allgemeines Desin-teresse an Politik bestünde.

Es ist klar, dass sich ein Gefühl der politischen Vertretung nicht bilden kann, wenn gar nicht klar ist, was der u-asta eigentlich macht. Insofern verwundert es nicht, dass viele sich nicht ausreichend genug informiert fühlten, um den u-asta politisch beurteilen zu können. Hier ist der Handlungsbedarf auch innerhalb des u-asta deutlich geworden.

Bei der Kritik an der politischen Richtung wurden vor allem drei Typen von Antworten gegeben: Die Befragten fühlen sich nicht durch den u-asta vertreten, weil u-asta und Fachschaften als geschlossene und undemokratisch agierende Kreise erscheinen, weil zu wenig politische Aktionen durchgeführt werden, und weil der u-asta als zu weit links stehend (wahlweise als "68er" oder als "Globalisierungsgegner" betitelt) empfunden wird. Auch wenn es als unrealistisch erscheint, dass ein u-asta von allen Studierenden als politische Vertretung empfunden wird - schließlich treten Gruppen wie die Liberalen und die Jusos bei den Uniwahlen gegen das u-Modell an und erreichen zumindest ein bis zwei Sitze im AStA; und sehr viele Befragte gaben an, an der AStA-Wahl teilgenommen zu haben - so muss auch diese Kritik ernst genommen werden, insbesondere da, wo die Wahrnehmung des u-asta und seine tatsächliche Ausrichtung auseinanderklaffen.

Themeninteresse

Weiterhin wurde danach gefragt, wo die (politischen) Interessen von Studierenden liegen und wofür der u-asta sich einsetzen soll. Dabei wurde deutlich, dass die Interessen der Studierenden breit gefächert sind (nur das Thema Gender/Geschlechterpolitik wurde deutlich weniger oft als interessant angesehen - zumeist von Männern), dass aber auch sehr klare Erwartungen daran gegeben sind, wo der u-asta aktiv werden soll, und dass sich persönliches Interesse und Erwartungen an u-asta-Engagement nicht unbedingt decken. Als Kernkompetenzfelder des u-asta kristallisierten sich dabei die Bereiche Studiengebühren, Hochschul- und Sozialpolitik heraus. Einen Überblick gibt die folgende Rangfolge der abgefragten Themen, geordnet danach, wieviele der Befragten der Meinung waren, der u-asta solle sich (sehr) dafür einsetzen. Zum Vergleich ist angegeben, wieviele Prozent der Befragten angaben, selbst (sehr) am jeweiligen Thema interessiert zu sein.

  1. Studiengebühren (95,8% - 77,0%)
  2. Hochschulpolitik (93,2% - 55,9%)
  3. Sozialpolitik (66,3% - 57,6%)
  4. Kultur (56,7% - 58,7%)
  5. Gender / Gleichberechtigung (56,3% - 32,3%)
  6. Umweltpolitik (48,7% - 64,3%)
  7. Internationale Politik (33,9% - 77,1%)

Da es hierbei nicht darum ging, wo der u-asta aktiv ist, sondern wo er aktiv sein soll, lassen sich diese Ergebnisse als deutliche Unterstützung einer Betonung der Studiengebührenfrage, der Hochschul- und der Sozialpolitik lesen. Das jeweilige persönliche Interesse an Umweltpolitik oder an internationaler Politik wird nicht auf den u-asta übertragen. Ein Engagement des u-asta in diesen Bereichen wird nicht abgelehnt (nur jeweils deutlich weniger als die Hälfte hatten sich klar dagegen ausgesprochen), steht aber nicht im Vordergrund des Interesses. Damit ist klar, dass - vielleicht verstärkt - auch in Zukunft ein Schwergewicht der Arbeit des u-asta auf hochschul- und sozialpolitischen Fragestellungen liegen, ohne den allgemeinpolitischen Anspruch aufgeben zu müssen.

Service-Bereich

Ein weiteres Ziel der Befragung war es, herauszufinden, welche der Dienstleistungen des u-asta bekannt sind, und wie sie von den NutzerInnen bewertet werden. Dabei wurde deutlich, dass sich die allgemein schlechte Informationslage auch hier widerspiegelt: 47,7% kennen die BAföG-Beratung, 43,1% kennen die Zimmervermittlung, 33,0% den Service, 24,9% die Rechtsberatung, 22,3% die Studiengebührenberatung. Auch dies lässt sich als Hinweis darauf deuten, dass der u-asta verstärkt in den Bereich Öffentlichkeitsarbeit investieren muss. Die Auswertung der Bewer-tung der einzelnen Dienstleistungen konnte leider nicht wie geplant vorgenommen werden, da zum einen die Fallzahlen in den meisten Bereichen sehr gering waren - nicht alle, die angegeben hatten, eine Dienstleistung zu kennen, hatten sie auch schon selbst genutzt.

Fazit

Was wollen Studierende von ihrer Studierendenvertretung? Zuerst einmal besser darüber infor-miert werden, was diese eigentlich macht, was sie für Positionen vertritt und wie sie arbeitet. Hier gab es in den letzten Jahren (etwa mit dem Aufbau einer bisher leider kaum bekannten Website) einiges an Anstrengungen, hier besteht aber auf jeden Fall der größte Handlungsbedarf. Dann ist deutlich geworden, dass pauschale Aussagen darüber, ob sich jemand durch den u-asta politisch vertreten fühlt, schwierig sind. Ein relativ großer Teil fühlt sich politisch vertreten, ein anderer Teil aus ganz verschiedenen Gründen nicht. Anzunehmen ist, dass dies auch je nach Politikfeld unterschiedlich aussieht: in der Hochschul- und Sozialpolitik, insbesondere in der Studiengebüh-renfrage ist eine große Einigkeit darüber da, dass der u-asta hier besonders aktiv bleiben soll. Andere Politikfelder werden als deutlich weniger relevant bewertet, aber doch mehrheitlich als mögliche Aufgabengebiete des u-asta angesehen.

Wenn es dem u-asta gelingt, seine Öffentlichkeitsarbeit - insbesondere auch bezüglich der angebotenen Dienstleistungen - zu verbessern und verstärkt auf sein jetzt schon existierendes Engagement in der Hochschul- und Sozialpolitik hinzuweisen, dann wäre von einer Folgebefragung zu erwarten, dass sich die Zustimmungswerte deutlich verbessern. Es bleiben allerdings - was von einem einfachen, weitgehend auf Ankreuzen beruhenden Fragebogen auch nicht anders zu erwarten ist - eine Menge Fragen offen. Wer sich durch die hier wiedergegebenen Ergebnisse der Befragung nicht repräsentiert fühlt, sollte sich nicht scheuen und Kontakt mit seiner/ihrer Fachschaft oder mit dem u-asta aufnehmen, um klar und deutlich zu sagen, was er/sie vom u-asta erwartet: einer der großen Vorteile des u-Modells liegt schließlich darin, dass es allen, die Interes-se an der Arbeit haben, eine Mitarbeit ermöglicht.


 
(c) Till Westermayer, Oktober 2002. Veröffentlicht in: u-asta-info 684, 16.05.02, S. 6/7.